Münster aktiv:  Wir hatten ja bislang immer nur über Instagram Kontakt. Jetzt freue ich mich, dass es mal persönlich klappt, auch wenn es nur per Zoom ist.

Jan-Eric Frehe: Ja, gern!

Du: Ich verfolge deine Entwicklung schon eine Weile – früher über Frederick, der mir auch immer Sachen geschickt hat. Aber durch Bergen bist du noch mal so richtig in meinen Fokus gerückt.

Frehe: Ja, das war schon was Besonderes; auch wenn ich es nicht in das Finale vom 100Meter Lauf gepackt habe.

Du: Ich finde, allein das Erreichen des Halbfinals ist ein Riesen-Ding.

Frehe: Total. Klar, eine Medaille wäre schön gewesen. Aber es geht ja auch darum, in solche Situationen reinzuwachsen, Erfahrungen zu sammeln. Für mich war das Erreichen des Halbfinals schon wie ein kleiner Sieg. Und mit der Staffel dann noch Silber zu holen, war sowieso die Kirsche obendrauf.

Du: Was passiert eigentlich mit dem EM-Trikot?

Frehe: Das brauche ich noch für die nächsten Einsätze. Aber ich überlege, irgendwann so eine kleine Erinnerungsecke mit Bildern, Startnummern oder Trikots anzulegen. Vielleicht mal nach der Saison.

Du: Wer war die erste Person, die du angerufen hast?

Frehe: Niemand. Ich wurde angerufen. Von meiner Mama. Die ruft eigentlich immer direkt an, sobald was los ist.

Du: Du hast den Ruf, dass du dich extrem gut fokussieren kannst. Ist das eine Technik oder kommt das einfach aus dir selbst?

Frehe: Ich glaube, das ist ein bisschen beides. Ich fühle mich am besten, wenn es ernst wird. Dann kommt so eine Klarheit. Ich habe mich auch viel mit positiven Gedanken und Mentaltechniken beschäftigt. Visualisierung, Affirmationen – sowas. Ich habe ein auch ein Tattoo, das mich daran erinnert.

Du: Was steht da?

Frehe: „Manifest“. Ich habe in meinem Leben genug Erfahrung gesammelt, um Dinge zu können. So ein Satz, der mir Selbstvertrauen gibt. Ich glaube daran, dass Gedanken Realität formen können.

Du: Stichwort Realität: Deine sportliche Entwicklung ist ja krass. Was hat der Wechsel zur LG Brillux Münster damit zu tun?

Frehe: Sehr viel. Ich hatte vorher das Gefühl, dass ich das, was in mir steckt, nicht richtig zeigen konnte. In Münster habe ich sofort Reize bekommen, die ich vorher nie erlebt hatte. Mehr Kraft, mehr spezifisches Sprinttraining. Innerhalb von drei, vier Monaten habe ich mich um sechs Zehntel verbessert. Das war Wahnsinn. Aber ich bin meinem Verein in Ibbenbüren trotzdem sehr dankbar, weil sie viel Zeit in mich gesteckt und wertvolle Grundlagenarbeit geleistet haben.

Du: Jetzt ist ein bisschen Trainingspause?

Frehe: Ein paar lockere Einheiten, aber nächste Woche ist ja schon wieder die DM in Dresden. Vielleicht geht da noch mal was.

Du: Traum bleibt Los Angeles 2028?

Frehe: Klar. Das ist das langfristige Ziel. Aber jeder Schritt dorthin zählt.

Du: Gab es in deiner Familie auch Leichtathleten?

Frehe: Mein Onkel hatte mal einen Schulrekord über 2,7 Kilometer. Aber sonst sind sie eher Sportfans.

Du: Wie finanzierst du das alles eigentlich?

Frehe: Ich habe eine Ausbildung als Industriekaufmann gemacht. Nach dem Abi habe ich zwei Jahre gearbeitet, dann eine Zeit lang voll auf den Sport gesetzt. Jetzt bin ich in Teilzeit, bekomme auch Unterstützung durch die Deutsche Sporthilfe. Das hilft enorm.

Du: Und was gibst du jungen Menschen mit, die ein Ziel haben?

Frehe: Glaubt an euch, egal, was andere sagen. Auch wenn’s erst mal verrückt klingt. Ich habe oft gehört, dass ich zu optimistisch bin. Aber genau dieser Glaube hat mich dahin gebracht, wo ich jetzt bin. Und ich bin noch lange nicht fertig.

 

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